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Trauer und Trost musikalisch interpretiert - eine Rezension von Cornelia Staudacher

Wieder hat sich der in vielen musikalischen Epochen bewährte Chor einer populären, fast volkstümlichen Partitur angenommen, dem Deutschen Requiem von Johannes Brahms. Der Komponist, 1833 in Hamburg geboren und protestantisch getauft, war ein „religiöser Freigeist“, wie Malte Korff in seiner Brahms-Biografie feststellt. Er war tief gläubig und ein aufmerksamer Leser der Bibel, in der er sich gut auskannte. Dem strikten Verhaltens- und Denkkodex der Kirche stand er jedoch wie auch andere Denker der Zeit eher distanziert gegenüber, eine Haltung, die sich sowohl in der Auswahl der Bibelstellen als auch in ihrer musikalischen Ausformulierung erkennen lässt.


Im Gegensatz zu früher entstandenen Messen und Requien widmete Brahms das aus insgesamt sieben Teilen (Sätzen) bestehende Werk nicht ausschließlich der Trauer über die Vergänglichkeit des irdischen Lebens (Teil 1-3), sondern auch den Lebenden, die Trost in der göttlichen Verheißung finden können, also dem Leben (Teil 4-7).
Der Chor Camerata Vocale, die Berliner Symphoniker unter der bewährten Leitung von Daniel Kirchmann, Esther Hilsberg (Sopran) und Maximilian Lika (Bariton) verschmolzen vom ersten Bibelzitat im feierlichen Choral zu Beginn, das noch dem irdischen Leid huldigt -„Selig sind, die da Leid, denn sie sollen getröstet werden“ - über die verschiedensten Stationen zur Ehre Gottes bis hin zum aufbegehrenden Schlussgesang „Tod, wo ist dein Stachel! Hölle, wo ist dein Sieg!“ zu einer harmonischen, interpretato-rischen Einheit. Die Intensität des Gesangs verband sich auf wunderbare Weise mit der ausdifferenzierten Begleitung durch das Orchester. Dank eines Dirigenten, der, so hat es den Anschein, eine sehr genaue Vorstellung von dem Ergebnis der gemeinsamen Aufführungsarbeit hat und weiß, was er hören will.

© Ella Krug
© Ella Krug

Die Aufführung dürfte auch der Intention des Komponisten entsprochen haben. Bewundernswert, wie das Orchester die vielen Wechsel von Tempi, Modi, Rhythmen und Stimmungen in kurzen Abständen meistert. Feierliche Trauer steht neben strahlender Zuversicht, einem marschartigen Rhythmus folgt ein Freudenhymnus. Besonders im Schlusssatz, in dem einer grandiosen Chorfuge „- „Herr, Du bist würdig zu nehmen Preis und Ehr und Kraft“ in die stille Ergebenheit und ruhige Abgeklärtheit des ersten Satzes zurückkehrt – „Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben“.

 

Vor der Pause hatte Esther Hilsberg die Vier letzten Lieder von Richard Strauss nach Gedichten von Hermann Hesse und Joseph von Eichendorff mit viel Einfühlungsvermögen und unter Einsatz ihres reichen stimmlichen Differenzierungsvermögens zu Gehör gebracht. Der Paukist, der viel zu tun hatte, bewältigte seine Aufgabe mit bemerkenswerter Präzision.
Das aufmerksame, gebannte Publikum dankte allen Beteiligten und ganz besonders der Camerata Vocale Berlin mit standing ovations.